Welchen Stellenwert wird Microliving künftig in den europäischen Städten haben?
Die Städte in Europa sind sehr unterschiedlich. Microliving wird in Zukunft vor allem dort eine wichtige Rolle spielen, wo der Boden knapp ist. Hier sind freie Wohnungen rar und teuer. Der Markt muss entsprechende Angebote schaffen.
Welche besonderen planerischen Ansprüche stellen die minimierten Wohnungen?
Eine besondere Herausforderung liegt darin, auf der sehr kleinen Fläche ein Wohnumfeld zu bieten, das sich verändern lässt und auf immer wieder neue räumliche Wünsche reagieren kann.
Diese Veränderbarkeit lässt sich über flexible Grundrisse und durch bewegliche Elemente erreichen. Gibt es dabei eine Hierarchie?
Meine Haltung ist klar: Egal, welche Art von Wohnbau man macht, die Qualität wird immer durch die maximale Verfügbarkeit des Raums bestimmt. Es darf also keine Fläche verschwendet werden und die Räume sollten mehrere Funktionen übernehmen können. Ist die Wohnfläche klein, muss man es sich als Architekt sehr wohl überlegen, wie sich diese Qualität erzeugen lässt. Dabei können auch flexibel einsetzbare Raumelemente eine Rolle spielen.
Sie haben die Jury des diesjährigen Hawa Student Awards präsidiert. Welche Bedeutung haben von Unternehmen ausgelobte Architekturwettbewerbe für die Studierenden?
In erster Linie reizt die Studierenden die Auseinandersetzung mit einem spannenden Thema und natürlich auch die Aussicht auf das Preisgeld. Zudem hilft die Wettbewerbsteilnahme unter Umständen bei einer späteren Bewerbung.
Was ist für Sie selber die Motivation, bereits zum dritten Mal in der Jury des Awards dabei zu sein?
So sentimental das klingt: Es ist zum einen meine Sympathie zu den Produkten von Hawa Sliding Solutions, die ich seit meiner Studienzeit kenne und schätze. Zum anderen ist die Verbindung der Leute von Hawa Sliding Solutions und mir über die Jahre gewachsen. Wir haben eine gegenseitige hohe Wertschätzung.
Der Hawa Student Award 2020 forderte von den Studierenden Lösungsvorschläge für ein Microliving-Projekt mitten in Zürich. Worin lagen die grössten Herausforderungen?
Schwierig war das Spannungsfeld zwischen der optimierten Wohnform und der städtebaulichen Lösung. Dabei musste man sich überlegen, ob nur die Wohnung auf kleiner Fläche räumlich verdichtet sein muss, oder ob auch der gesamte Bau im Kontext des Quartiers zu einer starken Nachverdichtung führen soll. Anders ausgedrückt: Die Frage nach der gesellschaftlich verträglichen Dichte musste nicht nur für die einzelne Wohnung beantwortet werden, sondern auch auf der Makroebene – also vom städtischen Umfeld bis hin zur Schlafkoje.
Gewonnen hat ein Projekt, das als Lösung ein schlankes Hochhaus vorschlägt. Was zeichnet diese Arbeit aus?
Zuerst einmal die Klarheit und die Selbstverständlichkeit, mit der die Verfasser die Abstellanlage für die Busse auf einer offenen Fläche anordnen. Mit dieser Lösung entsteht viel städtischer Freiraum und die Bäume auf dem Areal müssen nicht gefällt werden. Trotzdem bleibt Platz für eine genügende Anzahl von Parkbuchten für die Busse im Gebäude selbst, wo die Passagiere im Trockenen ein- und aussteigen können. Das Hochhaus überzeugt ebenfalls. Es trennt zum einen die privaten und die gemeinsam genutzten Räume klar in unterschiedliche Volumen. Zum anderen ist es vertikal in übersichtliche Einheiten unterteilt, die jeweils über drei Geschosse reichen. Und schliesslich gefällt mir, dass der Fussabdruck des Neubaus in der Stadt relativ klein ist und an die bestehende Bebauung anschliesst.