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Balanceakt zwischen Ästhetik und Akustik

Wie wir einen Raum wahrnehmen, ist von den Materialien, den Proportionen, dem Licht sowie der Akustik abhängig. Im Gegensatz zu den visuell wahrnehmbaren Faktoren fällt die Bauakustik nicht sofort auf. Das hat massgebliche Auswirkungen auf die Arbeit von Akustikern wie Clemens Kuhn-Rahloff.

Autor: Fabian Baer
Fotografie: Lindner Group, Helene Hoyer Mikkelsen


«In einem gewissen Sinn gibt es immer einen Zielkonflikt zwischen Ästhetik und Akustik. Dennoch sollte man sich so viele Gedanken wie möglich zur Nutzungsflexibilität eines Raumes machen. Da gehört Bauakustik natürlich auch dazu», wie Kuhn-Rahloff aus seiner langjährigen Tätigkeit als Akustiker beim Ingenieurbüro Gartenmann Engineering AG weiss. 
Dass es teilweise widersprüchliche Ziele zwischen den verschiedenen Disziplinen gebe, liege in der Natur der Sache, denn Schallschutz benötige Platz und einen bestimmten Wandaufbau. «Kommt dazu, dass Bauakustik oft auf spezielle Materialien wie zum Beispiel perforierte Oberflächen, mikroperforierte Glaswände oder schallabsorbierende Textilien angewiesen ist». Oft gehe es um die Frage, wie weit der Einsatz solch spezieller, funktioneller Materialien zum Gestaltungskonzept und Entwurf des Gebäudes passten, da Architektinnen und Architekten einen starken visuellen Fokus hätten. «Vergessen wir zudem nicht, dass Bauakustik auch immer eine Frage des Geldes ist.»

Starker Anstieg der Anforderungen 
Dennoch stellt er fest, dass die Anforderungen an die Bauakustik in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen sind, sowohl in der Schweiz wie international: «Erste Untersuchungen zum Schallschutz in Gebäuden wurden in den 1950er- und 1960er-Jahren durchgeführt, um herauszufinden, welche Schalldämmwerte mit typischen Konstruktionen erreicht werden und wie die Nutzer diese empfinden.» Daraus hat sich über die Jahre hinweg mit den insgesamt gestiegenen Baustandards ein Norm- und Regelwerk entwickelt, mit dem man zum Teil gesetzliche Anforderungen festlegt, zum Teil aber auch einfach nur Empfehlungen abgibt, je nachdem in welcher Qualitätsklasse man sich bewegt. Dabei geht es um Bestimmungen zur Luftschalldämmung, dem Trittschall und haustechnischen Geräuschen. Auch wenn die Vorschriften bezüglich Schallschutz je nach Land unterschiedlich geregelt seien, lasse sich die Struktur in den Grundzügen vergleichen, so Kuhn-Rahloff. 
Er bringt den Grund für diese Entwicklung in Sachen Schallschutz folgendermassen auf den Punkt: «Der Fokus hat sich geändert. Wir haben heute sowohl im Wohnungsbau als auch in Büroräumen stärkere Wünsche nach Diskretion. Dies kommt auch innerhalb des gleichen Büros und nicht nur zwischen verschiedenen Mieterinnen und Mietern zum Ausdruck.» Zudem ist laut ihm der Holz- und Leichtbau heute ein viel grösseres Thema in der Architektur. Dies wiederum habe wichtige Implikationen für die Bauakustik, denn Holz sei nicht per se ein Werkstoff, der eine gute Schalldämmung biete.

«Der Fokus hat sich geändert, wir haben 
heute viel höhere Ansprüche an Diskretion.»

Wichtigkeit der Abstimmung auf die Nutzung
Auf die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Bauakustik idealerweise in die Planung von Gebäuden und Räumen einbezogen werden sollte, hat Kuhn-Rahloff eine klare Antwort: «Bei komplexeren Gebäuden sollte sie von Anfang an eine Grundlage des Nutzungskonzepts sein. Zu diesem Zeitpunkt kann man sich am besten Gedanken über die Bauakustik sowie über Schalldämmung und den gesamthaften Ausbaustandard machen. So oder so muss die Bauakustik immer auf die Nutzung abgestimmt sein.» Es komme dazu, dass guter Schallschutz nicht einfach nur Abwesenheit von unerwünschten Geräuschen, sondern auch die Steuerung von erwünschten Geräuschen sei. 

Lärm oder nicht Lärm?
Wenn man über unerwünschte oder erwünschte Geräusche spricht, stellt sich automatisch die Frage nach der Definition und dem Wesen von Lärm. Der Akustiker meint dazu: «Lärm ist immer unerwünschter Schall. Dabei kommt es jedoch auf den Kontext, den Zusammenhang und vor allem auch das individuelle Empfinden an. Die Auswirkungen des Lärms von Strassen, Schienen und Flugzeugen sind gut untersucht und abgestützt, beim Alltagslärm ist das wesentlich schwieriger. In Grossraumbüros wirkt zum Beispiel bereits verständliche Sprache sehr störend.» Lärm sei weniger eine Frage von «laut», sondern vielmehr von Belastung und könne sich als Störung im Sinne von Belästigung bis hin zur physiologischen Störung äussern, wenn sie sehr lang einwirke. Andererseits sei ein Raum nicht zwangsläufig angenehm, wenn er akustisch tot ist.

(Bau­) Akustik und Raumpotenzial
Bittet man einen Akustiker, einen Raum mit bestmöglicher Akustik zu zeichnen, dann kommt laut Kuhn-Rahloff ein Raum heraus, der architektonisch nicht zwingend vielseitig sei. Wenn man aber auf verschiedene Ausprägungen eines Raums und die entsprechenden Auswirkungen auf die Akustik zu sprechen kommt, äussert er sich differenzierter: «Hohe oder grosse Räume sind nicht per se schlecht für die Akustik. Auch hier geht es wiederum um den Zweck und darum, welche akustische Eigenschaften ein Raum transportieren soll.» Auch die Frage, ob Durchgänge schlecht für die Bauakustik seien, mag er nicht pauschal beantworten: «Die Grenzen der Physik lassen sich natürlich nicht verschieben. Aber auch gewollt offengelassene Durchgänge lassen sich optimieren, beispielsweise durch absorbierende Elemente an Decken und Wänden. Dabei gilt: je länger und grösser, desto besser.» Besser sei aber der Einsatz einer Tür, wobei hier die Schalldichtheit eine zentrale Rolle spiele. Grundsätzlich brauche es für Diskretionsanforderungen Türen mit Anschlag- und Absenkdichtungen. Damit auch eine Schiebetür diesen Anforderungen entspräche, sei ein hoher Aufwand erforderlich. «Bereits kleine Lücken in der Dichtung nimmt man entscheidend wahr und wenn diese nicht sauber angebracht ist, hört man das recht schnell», sagt Kuhn-Rahloff. Grundsätzlich sei das Türblatt entscheidend: «Bei hohen Anforderungen, wie beispielsweise einem Schallschutz von über 30 dB, muss man sich sehr gut überlegen, was für ein Türblatt zur Anwendung kommt.»

Auralisation als Schlüssel
Eine der grössten Schwierigkeiten, gute Bauakustik verlässlich zu gewährleisten, liegt daran, dass sich Akustik nicht visualisieren lässt. Hier kommt die sogenannte Auralisation ins Spiel: «Diese ist das gängige Mittel zur Beurteilung der Akustik eines Raums und entspricht der Hörbarmachung der Akustik aus einem Computermodell heraus. Grob gesagt wird dabei der Raum, den ein Architekt geplant hat, im Computer nachgebaut und mit verschiedenen akustischen Materialien versehen. So lässt sich die zukünftige Akustik eines Raums für verschiedene Positionen anhören», erklärt der Akustiker. 
Bei Konzertsälen komme die Auralisation schon seit vielen Jahrzehnten zur Anwendung. Für die Bauakustik sei diese noch ziemlich neu und innovativ, auch in dem Sinne, dass man sie mal eben an eine Bauherrensitzung mitnehmen und demonstrieren könne. «Bei Schalldämmungen wird die Auralisation vor allem eingesetzt, um dem Bauherrn einen Eindruck zu geben, was aus dem Nachbarraum noch hörbar ist.» Konkret lasse sich im Computer die Schalldämmung der Trennwand wählen, so dass man dem Bauherrn verschiedene Dämmgrade vorführen könne. 
Für Kuhn-Rahloff unterstützt der Vormarsch der Auralisation im Bereich der Bauakustik seine Vision als Akustiker: «Architektur für Alltagsräume sollte immer eine akustische Architektur sein. Grundsätzlich brauchen Räume eine akustische Note, die mit dem Visuellen kongruent ist.»

Clemens Kuhn-Rahloff
Clemens Kuhn-Rahloff studierte in Berlin und Paris und promovierte in Akustik an der Technischen Universität Berlin. Er ist Partner beim Ingenieurbüro Gartenmann Engineering AG in Zürich und Bern. Als Toningenieur verfügt er über mehrjährige Berufserfahrung in der Musikproduktion. Nebenberuflich ist er als Dozent an der Zürcher Hochschule der Künste und an der Fachhochschule Nordwestschweiz tätig.

Akustik verstehen


Bauakustik beschäftigt sich mit den Auswirkungen der baulichen Gegebenheiten auf die Schallausbreitung zwischen Räumen innerhalb eines Gebäudes oder zwischen dem Rauminneren und der Aussenwelt. Im Gegensatz dazu beschäftigt sich die Raumakustik mit den baulichen Gegebenheiten eines Raumes und den in ihm stattfindenden Schallereignissen.


Um Schall(schutz) zu messen und zu beurteilen, gibt es verschiedene Möglichkeiten und Messverfahren. Hawa hat in einem Schalllabor die Schallausbreitung von einem Senderaum zu einem entkoppelten Empfangsraum gemessen. Als Raumtrennung fungierte bei der Raum-zu-Raum-Messung eine Wand und eine eingebaute Schiebetüre mit dem Hawa Junior Acoustics und Hawa Porta Acoustics Beschlag.


Bewertetes Schalldämm-Mass Rw  
Rw ist das bewertete Schalldämmmass eines Bauelements. Rw umfasst nur die Schallübertragung über das Bauteil ohne Nebenwege.

Bau-Schalldämm-Mass R’w
R’w (Gesprochen: «R Strich w») ist der im eingebauten Zustand gemessene Wert vor Ort im Gebäude. Somit berücksichtigt R’w auch mögliche Nebenwege oder bauliche Ungenauigkeiten.

Rechenwert Rw,R
Dieser Wert ergibt sich aus dem bewerteten Schalldämmmass Rw abzüglich einer Toleranz, dem sog. Vorhaltemass. Da sich zwischen der Prüfung im Labor und den tatsächlichen Gegebenheiten am Bau durch z. B. Bauteilschwankungen Unterschiede ergeben können, wird das Vorhaltemass abgezogen. In Deutschland liegt nach DIN 4109 das Vorhaltemass für Türen bei 5 dB.


Als Lärm werden alle Geräusche bezeichnet, die für das menschliche Gehör oder die Umwelt belastend bzw. störend wirken. Lärm ist eine sehr subjektive Empfindung und kein exakter physikalischer Begriff. Es kommt immer auf den Kontext und auf das individuelle Empfinden an. So können wir schon eine normale Unterhaltung mit 50 dB im Grossraumbüro als sehr störend und laut empfinden, während wir laute Musik mit 80 dB gerne hören.


Als Lärm werden alle Geräusche bezeichnet, die für das menschliche Gehör oder die Umwelt belastend bzw. störend wirken. Lärm ist eine sehr subjektive Empfindung und kein exakter physikalischer Begriff. Es kommt immer auf den Kontext und auf das individuelle Empfinden an. So können wir schon eine normale Unterhaltung mit 50 dB im Grossraumbüro als sehr störend und laut empfinden, während wir laute Musik mit 80 dB gerne hören.

Raumtrennung und Akustiklösungen

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Schalldämmende Schiebelösungen

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